Das Internet ist eine schicke Sache: Nicht nur Websites kann man sich dort anschauen; man kann auch darüber telefonieren, Dateien tauschen, sich E-Mails schicken oder auch Instant Messages.
Die Mobilfunkbetreiber bringt das rasch in eine Zwickmühle: natürlich möchte man auch gerne an diesem schönen neuen Interdings teilnehmen, zumal man gehört hat, dass es bei den Kunden wohl gut ankommt. Der Haken ist: Mittelfristig kappt man sich dabei fast alle bestehenden Geschäftsmodelle. Sicher, VoIP ist im Mobilfunknetz nicht immer eine Freude (aber auch im Festnetz nicht immer). Aber insbesondere SMS, für die die Netzbetreiber immer noch einen hypothetischen MB-Preis von über 1000 Euro nehmen, will nun wirklich niemand mehr, der auf dem Handy lieber seine Jabber-, ICQ- oder MSN-Kontakte pflegen will.
Das Erste, woran Netzbetreiber dann gerne herumfrickeln, ist die Netzneutralität – kurz, man betrachtet IP-Paket nicht mehr einfach nur als IP-Paket, sondern mischt sich beispielsweise in die Frage ein, welche Protokolle genutzt werden dürfen: Ein Blick in die jeweiligen AGB verrät, dass fast jeder Netzbetreiber kategorisch untersagt, in seinem Netz VoIP oder Instant Messaging zu benutzen. Manche verkaufen sogar zusätzliche Pakete dafür, dass man diese Dienste nutzen darf, was mich wiederum zu der Frage bringt, ob es dann überhaupt noch zulässig ist, die jeweiligen Grundpakete als „Internetzugang“, „Internetflatrate“ oder Ähnliches zu bezeichnen, wenn es eigentlich nur Surf- und E-Mail-Pakete sind und keine vollwertigen IP-Zugänge. Im Ernst, wenn ich Internet bestelle, will ich auch Internet bekommen und nicht nur ein Teil-Internet mit den paar Diensten, die meinem Netzbetreiber genehm sind.
Nun mag man einwenden, dass der Netzbetreiber doch gar nicht effektiv ausschließen kann, was er ausschließen will: Portsperren lassen sich durch Wechsel von Ports umgehen; im Zweifel hilft ein verschlüsselter Tunnel, vom Netzbetreiber unerwünschte Protokolle durchzuboxen. Nun wäre es aber falsch, sich deswegen zurückzulehnen und sich zu freuen, dass jedem mit profunder technischer Kompetenz die Sperren doch schnuppe können, weil man sie leicht umgehen kann. Das greift aber zu kurz, weil ich schon das Prinzip, den Internetzugang auf bestimmte Anwendungen zu beschränken, falsch finde, und nur weil es heute noch keine triviale Möglichkeit gibt, derartige Sperren weitreichender zu forcieren, heißt das nicht, dass es morgen auch noch so wäre. Ein bekannt gewordenes Beispiel ist die Durchleitung von Mails durch o2 über einen transparenten SMTP-Proxy, der kein STARTTLS unterstützte und somit effektiv eine an sich auf Basis von „TLS, wenn möglich“ aktivierte Verschlüsselung kurzerhand aushebelte. o2 erklärte dies im Nachhinein mit technischen Problemen, die inzwischen behoben seien, was meinetwegen auch so stimmen mag. Dennoch handelt es sich um ein praktisches Beispiel dafür, wie das aussehen kann, wenn der Netzbetreiber in den Datentransfer eingreift – und was heute noch ein Versehen war, ist morgen vielleicht schon Standard.
Aus diesem Grund halte ich es für wenig zielführend, sich einfach einen technischen Workaround zu schaffen und ansonsten Fünfe gerade sein zu lassen: Wer nicht will, dass einem der Provider dabei reinredet, was genau er im Internet nutzen darf und was nicht, der sollte seinen Wunsch nach strikter Netzneutralität deutlich artikulieren.
o2 gehörte bisher zu den tendentiell eher weniger schlimmen Anbietern. Nun überrascht der heutige Twitter-Status des offiziellen o2-Deutschland-Kanals mit dieser Auskunft:
@Lashal1 Bei Neubuchungen von Internet Pack M bzw. M+ (1 GB) ist die Nutzung für Note/Netbook nicht erlaubt. (JD)
Ich möchte an dieser Stelle einwerfen, dass ich selbst User eines solchen Internet Pack M bin – und zwar mit Hilfe zweier SIM-Karten (die o2 als „Multi-SIM“ anbietet) parallel auf meinem Handy und meinem Netbook. Es ist nicht so, dass ich hier etwas Unerlaubtes nutzen würde; mir wurde diese Nutzungsmöglichkeit im Beratungsgespräch an der Hotline ausdrücklich genannt und darauf hingewiesen, dass ich sogar per Handy und Netbook gleichzeitig das Internet nutzen könne.
Als Bestandskunde betrifft mich die Änderung vorerst nicht, aber bei Kündigungsfristen von einem Monat für das Internet Pack M besteht zumindest die Möglichkeit, dass o2 relativ kurzfristig auch Bestandskunden dieser Regelung unterwirft. Deshalb blogge ich schon heute und nicht erst, wenn es zu spät ist:
So geht’s nicht, o2.
Ein Bit ist ein Bit, und es ist völlig schnuppe, ob ich dieses Bit auf mein Handy oder mein Netbook herunterlade, oder ob ich die SIM-Karte in einen UMTS-Router stecke, hinter dem ein gewöhnlicher PC läuft. Nicht nur, dass das meinen Netzbetreiber einen feuchten Kehricht angeht: Es macht für ihn auch gar keinen Unterschied, für was für eine Art von Gerät er ein Bit überträgt. Weder entsteht ihm ein anderer Aufwand noch entstehen ihm andere Kosten. Insofern geht ihn auch überhaupt nichts an, was für ein Gerät ich nutze, so wie mir auch mein Telefonanbieter nicht vorschreibt, was für Telefone ich an meinem Anschluss benutzen darf. (Ich wollte eigentlich noch das Beispiel bringen, dass auch mein Kabelanbieter mir nicht vorschreibt, welchen Receiver ich benutzen darf. Allerdings geben sich die Kabelanbieter große Mühe damit, genau so etwas zu forcieren und nur „zertifizierte“ Receiver zuzulassen, die nur eingeschränkte Aufnahmemöglichkeiten bieten – was mir genauso missfällt, aber das gehört nicht hierher.)
Insofern liegt hier nun ein ähnlicher Fall vor wie beim Tethering mit dem iPhone: Hier ging es darum, dass man seinen T-Mobile-„Internetzugang“ nur auf dem iPhone selbst nutzen durfte, während die Möglichkeit, das iPhone als Modem zu benutzen, um darüber auch auf dem Netbook online zu gehen (was eine offizielle Funktion des iPhones ist – eben besagtes Tethering) blockiert wurde. Daher möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen:
Liebe Netzbetreiber: Ihr seid Bit-Lieferanten und nichts anderes. Alles andere ist Größenwahn; sind Allmachtsphantasien.
Natürlich will die Übertragung der Bits auch bezahlt werden. Dagegen habe ich ja gar nichts einzuwenden. Ich zahle auch schon sehr lange dafür, selbst schon zu Zeiten, als die Tarifmodelle noch so aussahen, als müsse man nur mit seinen Internet-auf-dem-Handy-Kunden alleine die horrenden Kosten der ersten UMTS-Frequenz-Versteigerung wieder reinholen. Aber wofür ich zahle, ist Bandbreite, ist Volumen, oder meinetwegen schlicht und einfach ganz konventionell Zeit, die ich online verbringe. Was ich dann schließlich mit den Bits anfange, deren Transport ich bezahlt habe, geht niemanden etwas an, auch nicht meinen Netzbetreiber.
Etliche Forenteilnehmer glauben, den Grund für diese Einschränkung zu kennen: o2 wolle sich nicht den teuren Supportaufwand aufbürden, Nutzern zu erklären, wie sie den UMTS-Zugang auf ihrem Netbook einrichten können. Das halte ich allerdings für hanebüchen. Wenn das so wäre, wäre es o2 ein Leichtes, dafür eben schlicht und einfach keinen Support zu leisten. Es besteht aber ein himmelweiter Unterschied zwischen „Bei diesem Tarif unterstützen wir die Nutzung mit einem Netbook nicht (es geht aber, wenn Sie’s sich selbst einrichten)“ einerseits und „Bei diesem Tarif ist die Nutzung mit dem Netbook nicht erlaubt“. Denn erstens kann ich schließlich auch mit einem Smartphone rund um die Uhr Videostreaming machen, und zweitens bietet o2 ja bereits verschiedene Tarife mit verschiedenen Volumina, nach deren Überschreitung dann auf GPRS-Geschwindigkeit gedrosselt wird – Tarife also, die bereits widerspiegeln, dass unterschiedliche Nutzungsintensitäten ohne Frage o2 auch unterschiedliche Kosten verursachen. Das Gerät, auf dem die Nutzung erfolgt, spielt da nun wirklich überhaupt keine Rolle.