Die PS3 bietet von Haus aus ein sogenanntes „Other OS“-Feature, mit dem es möglich ist, zusätzlich zum Sony-eigenen GameOS auch Linux zu installieren. Das haben viele Leute, auch aus meinem persönlichen Umfeld, gerne genutzt – nicht zuletzt, weil die übers Zocken hinausgehenden Fähigkeiten der PS3 als Mediacenter nur recht begrenzt waren und Linux hier viel mehr Möglichkeiten bot. In erster Linie war es aber schon die schiere Rechenleistung, die den Einsatz der PS3 als Rechnerersatz auch im prominenten Umfeld salonfähig machte, so etwa als die US Air Fore 2.200 Konsolen beantragte und zumindest 1.700 bekam, nachdem sie bereits einen High-Performance-Cluster aus 336 Konsolen im Einsatz hatte. Durch die Presse ging aber auch, dass das US Immigration and Customs Enforcement Cyber Crimes Center auch einen interessanten Verwendungszweck für die PS3s gefunden hat, nämlich um die Passwörter zu knacken, mit denen mutmaßliche Pädophile ihre Kinderpornos verschlüsseln.
Damit ist jetzt Schluss. Bereits als Sony den Nachfolger herausbrachte, nämlich die PS3 Slim, war das „Other OS“-Feature weg. Ärgerlich, aber bei einem neuen Produkt natürlich Sonys gutes Recht – das betrifft ja nicht die bestehenden PS3s, bei denen „Other OS“ eben nun mal ein Ausstattungsmerkmal war. Dennoch ging es auf den betreffenden Mailinglisten hoch her, und nicht wenige sorgten sich darum, dass dieses Feature auch auf den älteren Konsolen wegfallen könnte. So hoch, dass sich Geoff Levand, der seit 2000 bei Sony für die Linux-Aktivitäten zuständig ist und auch der Maintainer der entsprechenden Kernel-Erweiterungen ist, sich dazu genötigt sah, in mehreren Postings auf cbe-oss-dev dieses Statement von seiner offiziellen Sony-Mailadresse aus zu verfassen („SCE“ steht für „Sony Computer Entertainment“, also die Tochtergesellschaft von Sony, die für die Playstation verantwortlich zeichnet):
Please be assured that SCE is committed to continue
the support for previously sold models that have the
„Install Other OS“ feature and that this feature will
not be disabled in future firmware releases.
Nun, offensichtlich hat Sony kein sehr langes Gedächtnis. Gerade einmal sieben Monate später verkündet das offizielle Playstation-Blog Informationen zum kommenden Firmware-Update 3.21:
[…] It will disable the “Install Other OS” feature that was available on the PS3 systems prior to the current slimmer models, launched in September 2009. […] If you are one of the few who use the “Other OS” feature, or if you belong to an organisation that does, then you can choose not to upgrade your system. However, doing so will mean that the following features will not be available:
- Ability to sign in to PlayStation Network and use network features that require signing in to PlayStation Network, such as online features of PS3 games and chat.
[…]
Sehe ich das richtig? Wenn man das Firmware-Update installiert, muss man also damit leben, dass ein offizielles Feature wegfällt – und damit auch die ganzen auf dem „Other OS“ abgelegten Daten. An die kommt man dann nämlich laut Blogpost nicht mehr dran. Wenn man aber das Firmware-Update nicht installiert, muss man damit leben, dass man ein anderes offizielles Feature künftig nicht mehr nutzen kann. Was also hätten’s denn gern: Pest oder Cholera?
Wie man so mit seinen eigenen Kunden, die das Gerät mitsamt der entsprechenden Ausstattungsmerkmale gekauft haben, so behandeln kann, will sich mir einfach nicht erschließen. Aber vielleicht haben die Kunden, wenn bei der nächsten Anschaffung eines technischen Geräts auch ein Sony-Produkt zur Auswahl steht, ja ein ausreichend langes Gedächtnis.