Manchmal begegnen einem auch im Alltag lustige Softwarefehler in fremden Geräten – so wie mir neulich bei den Fahrkartenautomaten der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG): Die Automaten verrechnen sich, ganz profan, und zwar immer dann, wenn man mit ec-Karte bezahlt.
Dabei traue ich mich kaum, das als „Angriff“ zu bezeichnen, denn die Sache war so trivial, dass sie mir schlicht und einfach versehentlich passiert ist: Die MVG-Automaten bieten, wie viele andere auch, die Möglichkeit, über einen Button „Weitere Fahrkarten“ mehrere Tickets in eine Art Warenkorb zu legen und diesen dann gesammelt zu bezahlen. Der Haken war: Sobald man ec-Karten-Zahlung wählte, wurde nur der Preis der ersten Fahrkarte an das ec-Terminal übertragen. Ich kaufte also Sammeltickets (5 Tickets auf einmal zum vergünstigten Preis), und weil ich die öfter nutze, gleich 2 x 5. Als das ec-Terminal nur den Preis für 5 Tickets zeigte, war ich schon leicht genervt, weil ich davon ausging, jede Abbuchung einzeln bestätigen zu müssen. Aber weit gefehlt: Nach Buchung des Betrags für 5 Sammeltickets spuckte der Automat direkt 10 Tickets aus und wünschte mir noch einen schönen Tag. Was zum..? Ich hab’s gleich noch einige Male versucht, diesmal aber entsprechend ohne die Buchung durchzuführen; ich wollte nur sehen, welchen Betrag das ec-Terminal anzeigte. Reproduzierbar handelte es sich nur um den Preis für die jeweils erste Fahrkarte, egal wie viele ich buchen wollte.
Ich teile hierbei nicht die Meinung von @amokleben, dass sowas (unmittelbar) publik gemacht gehört, sondern halte es mit @fabianonline, dass eine Publikation erst dann erfolgen sollte, wenn der Bug behoben wurde oder das Verkehrsunternehmen nicht reagiert – ganz im Sinne von Responsible disclosure. Jedenfalls würden wir uns dieses Vorgehen in Bezug auf potentielle Probleme bei uns genauso wünschen – zumal durch verfrühte Veröffentlichung dem Verkehrsunternehmen potentiell finanzieller Schaden entstanden wäre, für den ich durchaus nicht hätte geradestehen wollen. Praktischerweise sichert die MVG im Rahmen ihrer Kundengarantien zu, jegliche Anfragen innerhalb von spätestens 10 Werktagen zu beantworten, womit dann auch direkt der Rahmen gesteckt war, den ich abzuwarten bereit war. Nun denn, so verfasste ich mal einen etwas ungewöhnlichen Bugreport, ganz ohne Ticketsystem, aber wie sich das gehört mit Dokumentation und entsprechenden Belegen.
Heute kann ich erfreut vermelden, dass die MVG einen guten Job gemacht hat. Erstens wurde der Vorgang vernünftig eskaliert, und ich bekam – weil anzunehmen war, dass die Fehlerbehebung noch etwas Analyse der entsprechenden Fachabteilung bräuchte – eine Zwischenmeldung mit dem Bearbeitungsstand. Vor wenigen Tagen erhielt ich dann schließlich die Rückmeldung: Die von mir bereitgestellten Daten bezüglich der Buchung und der Seriennummern der Fahrkarten seien eine große Hilfe bei der Analyse gewesen; der Fehler habe nun behoben werden können – und ein Check meinerseits an zwei verschiedenen Automaten konnte dies auch bestätigen. Prima!
Die zweite Charge Sammeltickets, für die ich ja nun nichts bezahlt hatte, wurde mir denn auch als kleines Dankeschön direkt geschenkt – eine nette Geste, über die ich mich sehr gefreut habe und die, wie ich finde, auch dazu motiviert, im Zweifelsfall lieber einmal konstruktiv einzugreifen, statt sich monatelang heimlich mit erschlichenen Tickets auszustatten.
„statt sich monatelang heimlich mit erschlichenen Tickets auszustatten.“
Leider falsch ! Jedenfalls im Sinne des § 265a I StGB. Denn: die formal ordnungsgemäße Betätigung eines Automaten ist kein Erschleichen ! Es muss vielmehr ein der Ordnung widersprechendes Verhalten des Täters vorliegen, durch das sich der Täter in den Genuss der Leistung bringt, in dem er Sicherungsvorkehrungen umgeht. § 265 a Abs. 1 StGB setzt also voraus, dass der Täter sich mit einem täuschungsähnlichen oder manipulativen Verhalten in den Genuss der Leistung bringt.
Es liegt auch kein Betrug durch unterlassene Aufklärung vor, da eine Benachrichtigungspflicht Dir gegenüber den Verkehrsbetrieben nicht bestand.
Wieder was gelernt – da hat mein Rechtsempfinden (und mehr habe ich als Nicht-Jurist nun mal nicht) tatsächlich falsch gelegen. Danke für die Aufklärung, Martin!