Kernkraft und die Rechenzentren

Seit ein paar Jahren ist Green IT in aller Munde und in diesem Zusammenhang hatte ich mich auch vor einer Weile schonmal mit der Frage beschäftigt, woher eigentlich der Strom für das Rechenzentrum kommt, in dem unsere Server stehen. Die Antwort war in etwa, dass zwar Atomstrom im Energiemix drin ist, aber Ökostrom auch gerne genommen wird und dessen Anteil seit Jahren steigt. Ich habe nicht genauer nachgehakt, denn damals interessierten mich an der ganzen Sache noch andere Details. Zu der Zeit wurde noch viel darüber diskutiert, ob Atomstrom denn nicht doch auch irgendwie „green“ wäre (die Anspielung auf das berühmte — und fiktive — grüne Atom-Glühen in populären Medien war sicherlich unbeabsichtigt), außerdem könne man ja eh nur den Marktanteil von Ökostrom hochtreiben, aber die geladenen Elektronen aus der Steckdose kommen ggf. trotzdem vom nahe gelegenen AKW, auch wenn man formal Ökostrom kauft usw. … Insgesamt eine komplexe Materie und mich persönlich interessierten bei Green IT mehr die Giftstoffe in den Geräten und stromsparende Architekturen (ich freue mich schon darauf, in ein paar Jahren meinen Heimserver, der eh meist nur rum-idle-t, durch etwas mit ARM-Prozessor ersetzen zu können).

Aber da Ökostrom durch den auslegungsüberschreitenden Störfall (vulgo: Super-GAU, auch wenn das die Spindoctors der Atom-Lobby nicht gerne hören) in Fukushima-1 wieder ein heißes Thema wurde, dachte ich mir, ich recherchiere mal den aktuellen Stand der Dinge. Wer weiß, vielleicht kommt ja auch bald eine Kundenanfrage, ob man auf seine Homepage „läuft mit Ökostrom“ raufschreiben kann. Jonas hatte den gleichen Gedanken und kam mir mit der Anfrage bei unserem Rechenzentrumsbetreiber zuvor. (Um die Zusammenhänge zu klären: Das Rechenzentrum ist die Databurg in Frankfurt am Main und dort wiederum hat unser ISP Plus.line Räume gemietet, in welchen wir wiederum ein paar Racks gemietet haben.)

Die kurze Antwort:

Unser Rechenzentrum und damit auch unsere Server beziehen nach wie vor leider unter anderem auch Strom aus Kernenergie. Und zwar nicht nur technisch, weil halt Atomstrom ins Netz eingespeist wird, sondern auch vom Energiemix her. Immerhin ist es aber weniger Atomstrom als im landesweiten Schnitt und es wird lieber Ökostrom als Kernenergie in den Mix eingekauft.

Die lange Antwort:

Rechenzentren verbrauchen viel Strom, selbst wenn es stromsparende Rechenzentren sind (so ein Rechenzentrum kann auch im wesentlichen nur auf energieeffiziente Klimaanlagen setzen, der Rest vom Gros des Stromverbrauchs kommt eh von den Servern der Kunden). Häufig zahlen Rechenzentrumsbetreiber mehr Stromkosten als Gewerbesteuer, von daher richtet sich die Standortwahl für Rechenzentren zum Teil auch nach den lokalen Strompreisen (vor allem aber nach den Möglichkeiten, dicke und möglichst mehrere Anschlussleitungen und Strom aus verschiedenen Netzen bekommen zu können). Von daher sind die meisten Rechenzentren auch durchaus an stromsparenden Klimaanlagen interessiert, das Problem ist halt nur: selbst stromsparende Klimaanlagen fressen immer noch eine Menge Strom.

Nun sind Strompreise in Deutschland für die Endabnehmer ohnehin nicht so richtig lokal, erstens werden die Preise an der Strombörse gemacht, zweitens reichen die Stromanbieter diese Preise nicht in Reinform an die Verbraucher durch. (Etwa wenn gerade so viel Strom verfügbar ist, dass die Preise zeitweilig sogar negativ werden, davon bekommen die Endverbraucher — sehr zu ihrem Leidwesen — natürlich nichts mit.) Als Großabnehmer wird man bei den Stromanbietern natürlich besser behandelt denn als Privatmensch und man bekommt auch andere Tarife, aber natürlich wird man trotzdem gehörig zur Ader gelassen. (Wir haben ja in Deutschland bei ständig wachsendem Energieangebot seit vielen Jahren stetig steigende Endverbraucherpreise und die Energiekonzerne machen Traumgewinne — die Freuden eines Oligopols.) Hinzu kommt noch, dass die meisten Ökostromtarife sich an Privatverbraucher richten, im Segment für Großabnehmer ist die Auswahl deutlich kleiner.

Ein zentrales Problem ist hierbei aber auch die Ausfallsicherheit: Ein Rechenzentrum braucht nicht nur viel Strom, es braucht ihn permanent in ausreichender Menge, Ökostrom fällt nicht immer in gleicher Menge an. Gute Rechenzentren haben mehr als eine Anschlussleitung die den Strom über unterschiedliche Trassen von unterschiedlichen Hauptverteilern anliefern (damit kein lustiger Bagger beim Straßenbau mal eben beide Leitungen rausreißt oder ein einzelner, defekter Hauptverteiler allen den Spaß verdirbt). Das Zauberwort hier ist der „Singe Point of Failure“, also der neuralgische Punkt, an dem alles scheitern kann, den man unbedingt vermeiden möchte. In diesem Punkt bringt Ökostrom übrigens einen direkten Vorteil: durch die dezentrale Erzeugung ist es bei Ökostrom viel einfacher, ihn über mehrere Leitungstrassen heranzuführen.

Zusätzlich zu den häufig redundanten Stromzuführungen haben die Rechenzentren oft noch Notstromaggregate in unterschiedlicher Anzahl (je mehr, desto teurer wird das Housing). Gute Notstromaggregate sind so gebaut, dass der Diesel dafür obendrein räumlich über den Aggregaten gelagert ist, so dass bei Pumpenausfall der Kraftstoff auch durch die Schwerkraft dahin kommt wo er gebraucht wird. Außerdem verfügen Rechenzentren fast immer über große Mengen Batterien (häufig Autobatterien), vor allem um die Zeit zwischen Stromausfall und vollem Anlaufen der Notstromaggregate zu überbrücken. Bei den Notstromaggregaten ist das Problem, dass sie anders als Dieselgeneratoren in Kraftwerken nicht 24/7 von Fachkräften gewartet werden, sondern eben lange untätig rumstehen und dann aber auch wirklich anspringen müssen, d.h. sie sind mehr auf Ausfallsicherheit denn auf Energieeffizienz optimiert. Es ist für Rechenzentrumsbetreiber also keine Option, auf Solardächer und Windräder zu vertrauen und bei Flaute und Wolken dann den Diesel zuzuschalten, weil der einfach zu teuer ist. Obendrein läuft ein Dieselgenerator nur in bestimmten Leistungsstufen wirklich effizient, kommt also nicht in Frage, um mal eben noch das eine oder andere KW dazu zu erzeugen, das gerade nicht vom Himmel scheint. Rechenzentren werden also immer darauf angewiesen sein, zur Not den Strom über ein weites Netz auch aus größerer Ferne beziehen zu können, wenn bei dezentraler Erzeugung von Ökostrom gerade nicht genug anfällt, und sie werden zumindest nach dem derzeitigen Stand der Technik immer auf fossile Notreserven angewiesen sein. Ein Rechenzentrum nur mit Ökostrom zu betreiben ist, wenn man keine Talsperre zur Hand hat (besser zwei, wegen Redundanz) sehr schwierig, deswegen gibt es so wenig davon, jedenfalls in Deutschland. In Norwegen und Island sieht die Situation anders aus, weil man in Island nur den Finger in den Boden stecken muss, um Erdwärme nutzen zu können, und Norwegen dermaßen viele kleine Wasserkraftwerke hat, dass sie oft gar nicht wissen wohin mit dem vielen Strom.

Es gibt ein paar Projekte, bei denen versucht wird, Öko-Rechenzentren zu bauen, die unter anderem auch die riesigen Mengen Abwärme der Server zur Energiegewinnung nutzen. Das sind aber Mammut-Projekte, also etwas, das für ein kleines, mittelständisches Unternehmen wie uns noch sehr, sehr weit in der Zukunft liegt.

Worauf das letztlich hinausläuft: Unser Rechenzentrum bezieht einen Strommix, der sich an den Kosten orientieren muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wenn gerade viel Ökostrom anfällt (also der Wind kräftig weht, es über den Talsperren regnet, die Solaranlagen gleißende Sonne bekommen), dann ist dieser billig und wird ohnehin per Gesetz bevorzugt ins Netz eingespeist. Zu solchen Zeiten ist im Energiemix unseres Rechenzentrums viel Ökostrom mit drin. Wenn gerade wenig Strom anfällt, wird Ökostrom noch bevorzugt, aber es kommt eben auch mehr konventionelle Energie und Atomenergie in den Mix. Insgesamt liegt der Anteil Ökostrom den das Rechenzentrum bezieht so schonmal über dem deutschlandweiten Schnitt und der Anteil ist größer als der vom Atomstrom:

Gesamtstromlieferung des Strombetreibers zum Vergleich: Stromerzeugung in Deutschland
Energieträgermix
Kernkraft 19% 25%
fossile/sonstige Energieträger 58% 58%
Erneuerbare Energie 23% 17%

Das ist ein lobenswerter Anfang.

In den nächsten Wochen wird der Atomstromanteil wohl weiter fallen, da die Kanzlerin ja in einem Anfall von vorwahlsonntäglicher Aktivitätssimulation kurzerhand die Abschaltung wenigstens der ältesten Meiler angekündigt hat und dies wohl auch geschieht. (So richtig beruhigend ist das auch nicht, wenn man dann liest, dass sie beim fachgerechten Runterfahren von ISAR-1 gleich mal einen kleinen (nicht auslegungsüberschreitenden) Störfall hatten.) Hier bleibt abzuwarten, ob diese Abschaltung vorübergehend bleibt oder bei der Neubewertung der Sicherheitsfrage herauskommt, dass man es doch lieber sein läßt mit den alten Hütten. Falls wir Pech haben, fällt den Regierenden wieder ein dicker Koffer Schwarzgeld oder ein Haufen Aufsichtsratsposten auf, die die Atomlobby zufällig rumliegen hat. Wenn wir uns alle ins Zeug legen und politischen Druck machen, bleiben diese Reaktoren aber vielleicht auch einfach aus politischen Gründen aus.

Aber was kann man denn nun tun, damit Green IT eben auch Ökostrom heißt? Die Sache ist ja immerhin seit ein paar Jahren in der Diskussion, aber Rechenzentren mit Ökostrom sind immer noch eher rar und man sieht „läuft mit Ökostrom“-Siegel auf Webseiten eher selten. Wir hängen da als Anbieter so ein bisschen in der Luft. Einerseits haben wir keine direkte Kontrolle darüber, woher unser Rechenzentrum den Strom bezieht, andererseits könnten uns ja auch Kunden fragen, wie’s denn bei uns aussieht und wir sind allesamt selbst keine Kernkraftbefürworter und nähmen auch lieber Ökostrom als irgendwas anderes. Gleichzeitig sind wir mit der Databurg sehr zufrieden. In der Vergangenheit waren wir in anderen Rechenzentren, und die Erfahrungen haben gezeigt: Solange wir keinen Grund haben, mit der Databurg unzufrieden zu sein, gehen wir da nicht freiwillig weg. Davon abgesehen ist ein Umzug von einem Rechenzentrum in ein anderes ein enormer Aufwand, den man nicht ohne triftige Gründe auf sich nimmt. Die Databurg wird auch nicht auf einmal ankündigen, komplett auf Ökostrom umzusteigen, denn das wäre auf einen Schlag viel zu teuer und würde einige Kunden verjagen. Uns bleibt hier also nur die Möglichkeit, mehr Ökostrom zu fordern, damit es über die Jahre weiterhin immer mehr wird. Wir werden bei Plus.line in Zukunft öfter mal nach dem Energiemix fragen und die werden dann sicherlich öfter mal bei der Databurg und die bei ihren Stromanbietern nachfragen, besonders wenn nicht nur wir sondern auch andere Kunden nachhaken. (Die Nachfrage nach Ökostrom ist ja ganz aktuell schon um 10% gestiegen. Ohne zynisch sein zu wollen nehme ich mal an, dass dieser Anstieg sich fortsetzen wird, je länger Fukushima-1 Radioaktivität freisetzt.) Gleichzeitig gilt nach wie vor für uns alle: Immer mal wieder bei allen möglichen Anbietern und Herstellern anfragen, woher sie ihren Strom beziehen, damit die mitkriegen, dass ihren Kunden das wichtig ist.

Die Kehrseite der Medaille ist natürlich, dass der Ökostrom (noch) teurer ist. Nun haben wir (und unsere Kunden) uns schon länger damit abgefunden, dass die Strompreise sich offenbar nur in eine Richtung verändern, und bisher war das auch immer noch zu ertragen. Es bleibt zu hoffen, dass der Ökostrom ab einer bestimmten kritischen Masse den Strompreis auch mal drücken wird (wie gesagt entstehen an der Strombörse ja bereits gelegentlich solche Effekte). Letztlich soll es aber nicht am Geld scheitern. Wenn ich die Wahl habe, entweder mehr für Ökostrom zu bezahlen oder in 20 Jahren die Server vor dem steigenden Meeresspiegel in Sicherheit bringen zu müssen, dann ziehe ich den Ökostrom vor (und das obwohl ich als Berliner nichts gegen ein Strandbad Oranienburg einzuwenden hätte).

Denn was wir bei der ganzen Sache auch nicht vergessen dürfen: die 58% Strom aus fossilen Energieträgern. Wir wissen alle, was das mit unserem Klima anstellt und wir wissen alle, dass wir, unsere Kinder, unsere Enkel und weitere Generationen dafür langfristig auf die eine oder andere Art und Weise bezahlen müssen. Ich persönlich bin aber auch davon überzeugt, dass wir und unsere Nachfahren für die Kernkraft noch viel, viel bitterer bezahlen werden. Selbst wenn es nicht mehr zu Störfällen kommen sollte (glaube ich nicht, aber angeblich sind wir ja jetzt mit Windscale, Three Mile Island, Tschernobyl und Fukushima für die nächsten 80.000 Jahre statistisch bedient), dann werden die Endlager (wenn es sie denn mal gibt) für die nächsten 10.000 bis 100.000 Jahre Kosten für die Bewachung und Überwachung verursachen. Vermutlich häufiger als uns lieb ist, wird auch mal ein Lager ausgeräumt werden müssen wie jetzt die Asse.

Ein Detail am Rande: Dass wir keine Kernkraft-Fans sind kommt nicht von ungefähr, Jonas lebt in Mainz, Andreas in Frankfurt am Main, Matthias in Griesheim bei Darmstadt, die Databurg steht in Frankfurt am Main: von dort aus sind es 49 km Luftlinie bis zu den Meilern bei Biblis. Die vorherrschende Luftströmung von Biblis führt Richtung Darmstadt, Mainz und schließlich Frankfurt. Weniger als 200 km entfernt stehen noch die Meiler bei Cattenom, Philippsburg, Neckarwestheim und Grafenrheinfeld. Das Kraftwerk Biblis steht im Rheingraben, einem der wenigen ernstzunehmenden Erdbebengebiete in Deutschland und ist für Erdbeben bis Stärke 4,5 ausgelegt. In der Gegend hat es in der Vergangenheit durchaus schonmal erheblich stärker gewackelt, das wird auch heiß diskutiert. Ich selbst wohne zwar in Berlin und damit 224 km entfernt vom nächsten Meiler (dem Pannenreaktor bei Krümmel), sitze aber natürlich mit im Boot, und wenn man bedenkt, dass Tschernobyl deutlich weiter weg ist als 200 km, sind mir die 224 km bis Krümmel auch kein großer Trost.

Auch von der rein technischen Seite her habe ich Einwände gegen die Kernkraft: Es erscheint mir einfach wahnwitzig, Uran und Plutonium vereinfacht gesagt als Heizstäbe für eine überdimensionierte Dampfmaschine zu verwenden. Gesellschaftlich gesehen halte ich es für vollkommen unakzeptabel, den Menschen, die hier in den nächsten 100.000 Jahren leben, den Giftmüll aufzubürden. Mein größter Einwand ist aber ein politischer: Ich halte die Menschen als politische Wesen schlicht für ungeeignet, um mit so etwas Gefährlichem wie Kernkraft verantwortungsvoll umgehen zu können. In autokratischen Regimen kann man nicht davon ausgehen, dass hinreichend für das Wohl der allgemeinen Bevölkerung vorgesorgt wird, allenfalls wird man dafür sorgen, dass die Luxusvillen und -wohnungen der Parteikader/höheren Offiziere der Militärregierung/Großfamilie des Diktators weit genug von den Meilern entfernt stehen, wie man an unzähligen Beispielen mit Kernkraft, vor allem aber auch mit chemischen Gefahrenstoffen sehr gut sehen kann. In demokratischen Staaten ist die Sorgfalt der politischen Aufsicht über so eine Technik immer gefangen im Spannungsfeld zwischen dem Lobbyismus der Kernkraftwerksbetreiber einerseits und dem öffentlichen Druck auf die Politiker (bzw. deren Angst vor der nächsten Wahl) andererseits. Wie man momentan anhand diverser Enthüllungen sehr schön sehen kann, erreicht die Sorgfalt der Aufsicht und die Höhe der Sicherheitsstandard in den Jahren unmittelbar nach einem schweren Unfall bei der Kernkraft ein Maximum und sinkt dann bis zum nächsten Unglück auf ein Minimum herab, weil die öffentliche Aufmerksamkeit fehlt. Auch in Deutschland wurde bis vor kurzem diskutiert ob man die Sicherheitsanforderungen nicht etwas lockern sollte — und das, obwohl bei uns der Widerstand gegen die Kernenergie im internationalen Vergleich extrem ausgeprägt ist.

Vor diesem Hintergrund: Liebe Databurg, liebe Leute bei Plus.line, bitte macht weiter mit dem schrittweisen Wechsel von Kernkraft auf Ökostrom, und bitte macht danach gleich weiter mit dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Für uns alle gilt, dass wir dieses Thema Herstellern und Dienstleistern gegenüber verstärkt ansprechen müssen und dass wir uns politisch engagieren müssen, damit dieses Land aus der Kernkraft so schnell wie technisch vertretbar aussteigt, andere Länder zum Ausstieg ermutigt, die weitere Verbreitung der Kernkraft bekämpft, und selbstverständlich auch nicht nachläßt das Ziel zu verfolgen von fossilen Brennstoffen wegzukommen.

Update:Da stichele ich oben noch mit dem Begriff des Super-GAUs und bekomme (mangels Fernseher) gar nicht mit, dass im Fernsehen derzeit diverse Simpsons-Episoden nicht ausgestrahlt werden, bei denen die Kernkraft in einem schlechten Licht dargestellt wird. — Angeblich aus Gründen der Pietät, vielleicht aber auch um Kernkraftgegner nicht mit noch mehr verbaler Munition in Form von Memen zu versorgen. Das ist natürlich eine Aufforderung, sich diese Folgen nun erst recht anzusehen und so bin ich auf dieses schöne Zitat von Mr. Burns gestoßen: „Oh, ‘meltdown.’ It’s one of those annoying ‘buzzwords.’ We prefer to call it an unrequested fission surplus.”.

12 Antworten auf „Kernkraft und die Rechenzentren“

  1. http://www.hosteurope.de/content/Unternehmen/Gruene-Energie oder http://www.hetzner.de/pdf/oekostrom_zertifikat.pdf oder http://www.manitu.de/oekostrom.zertifikat.pdf

    Wobei man beim Hostblogger keine ernsthafte (Business critical) Anwendungen hosten kann, Desktophardware sollte man einfach nicht fur Server verwenden…

    Aber zurück zum Thema: Wenn man will geht es schon (s.o.) und die Ausfallsichherheit kann doch kein Grund sein, genauso wie auch das Licht bei der Pleite des Stromanbieteres (wenn man den Evu gewechselt hat) nicht ausgeht.

    Legt ja keiner ein Kabel von einem Windrad zum Rechenzentrum. Vielleicht baut man eine Photovoltaikanlage und lädt damit die Batterien (Selbstentladung), aber macht auch keiner, da die Einspeisevergutung viel hoher ist.

    Ökostrom ist wahrscheinlich von eurem EVU nicht finanzierbar oder kann/wird nicht angeboten.

    Gruss

    Man konnte ja auch z.B fur n erzeugte Tonnen CO2 x Baume pflanzen.

    (edit: PHPSESSID aus Link entfernt)

    1. Hosteurope zeigt, was man machen kann, wenn man eigene Rechenzentren hat und dort nur eigene Systeme stehen. In unserem Fall brauchen wir aber konkret ein RZ in das wir mit unserer Hardware rein können.

      Hetzner und Manitu haben hier halt einen Weg gefunden über Zertifikate Ökostrom anzukaufen. Wenn sie RZs in Frankfurt haben, wird der Strom aus der Dose zwar nicht z.B. aus dem Saarland vom Wasserkraftwerk kommen, aber das WKW in St. Wendel verkauft ihnen formal den Ökostrom und benennt dafür den Strom den sie in ihr lokales Netz abgeben in konventionell erzeugten um, im Gegenzug dürfen die Käufer der Zertifikate dann ihren konventionellen Strom aus der Dose in Ökostrom umbenennen. Solche Geschäfte sind üblich und meinem Verständnis nach OK, da ja der Gesamtanteil an Ökostrom in Deutschland dadurch gleich bleibt. Hier und bei Deinem Vorschlag mit den Bäumen gilt was ich schon schrieb: die Databurg soll sich bitte weiter entwickeln was das angeht.

      Die Ausfallsicherheit ist leider eben doch ein Faktor. Bei einer Pleite wird der Stromanbieter ja übernommen oder man besorgt sich beizeiten einen neuen. Das funktioniert vor allem deshalb so gut, weil das Stromnetz ja ohnehin nur einem gehört, nämlich dem privatisierten Ex-Staatsmonopolisten und alle anderen darauf was die Stromlieferung an den Endkunden angeht eh nur virtuelle Geschäfte machen. Für Privathaushalte gilt hier aber auch eine spezielle Regelung bei der der Betreiber des Leitungsnetzes gezwungen ist Dir notfalls auch ohne expliziten Vertrag Strom aus seinem Netz zu geben, den Du aber natürlich auch bezahlen mußt, einfach damit Du Deine Wohnung bewohnen kannst. Das gilt für Unternehmen nicht.

      Aber sagen wir mal konkret, in Frankfurt gibt es ein Problem in einem Kohle- oder Gaskraftwerk und die müssen die Notabschaltung ihrer Turbine auslösen. Im europäischen Stromnetz wird das in der Regel so schnell kompensiert, dass man davon gar nichts mitbekommt, dass plötzlich 500 MW im Netz wegfallen und von woanders her geholt werden müssen. (Wie lange das noch so bleibt ist unklar, die Netze sind ja schon eine Weile privatisiert und wie gut kritische Infrastruktur in privatwirtschaftlichen Händen gepflegt wird sieht man ja vielerorts, z.B. bei der Berliner S-Bahn.) Anders sieht das aus, wenn ein Bagger Leitungen am Hauptverteiler zerstört. Hier kann es passieren, dass die Leitung zum RZ dann mal keinen Saft hat, sogar wenn sie selbst nicht getroffen wurde. Für solche Fälle haben viele RZs wie gesagt mehr als eine Leitung und / oder Notstromaggregate. Notstromaggregate die Ökostrom erzeugen gibt es bisher nicht. Bestenfalls hat das RZ z.B. einen unterirdischen Wärmeenergiespeicher den es anzapfen kann, sowas ist aber noch sehr selten, zumal man so kaum Strom in den nötigen Mengen heranschaffen kann, damit kann man eher ein Haus heizen und Büros mit Strom versorgen.

      Der Knackpunkt ist hier einfach: Die Lichter dürfen nicht ausgehen, irgendwo muß der Strom halt herkommen. In der Zukunft wenn aller Strom aus erneuerbaren Energiequellen kommt, werden RZs darauf angewiesen sein, dass es ein großes Netz gibt das den Strom aus großen Entfernungen herbeischaffen kann, wenn am Standort des RZs gerade kein Wind weht und die Sonne nicht scheint. Es ist auch gar nicht so unwahrscheinlich, dass RZs in Zukunft alle Solardächer und Windräder haben werden, aber die werden bei innerstädtischen RZs wie der Databurg kaum den Bedarf decken können, weil es an Fläche fehlt, denkbar dass solche RZs sich dann irgendwo in der Pampa einen Windpark zulegen oder an einem beteiligen oder einfach Ökostrom-Zertifikate kaufen. (Liebe Databurg, ich hoffe Ihr lest hier mit, ich weiß seit heute dass Plus.line es tut.)

      Ein Detail am Rande: „Energie sparen mit Markenhard- und -software“ (Hosteurope) — also da frage ich mich doch, was dann nicht-Markenhardware wäre. Ich kenne keine taiwanesischen Klitschen die Serverhardware herstellen und ich kenne auch keinen der Serverhardware Marke Eigenbau hat. Als ich das letzte Mal in der Databurg war hab ich da nur Markenhardware gesehen. Bei der Markensoftware stellen ich mir auf die Frage, was außer propietären Produkten das sein soll und wieso das beim Energiesparen hilft, ich jedenfalls hab mit Linux bei Laptops meist längere Akkulaufzeiten und messe auch bei Desktophardware niedrigeren Stromverbrauch als mit „Markensoftware“. Also wenn dann braucht man nicht Markenhardware im RZ, sondern man braucht neuere Hardware die weniger Giftstoffe enthält und energieeffizienter ist. Und bei der Software kommt es halt darauf an, ob ich meine Sachen so umständlich programmiere, dass sie viel I/O verursachen und viele Taktzyklen beanspruchen, oder ob ich effizient arbeite, hierbei gilt auch: was ich in C++ statt in Ruby mache läuft schneller und hat gute Chancen energieeffizenter zu sein (auch wenn ich als Programmier dann natürlich besser aufpassen muß).

  2. Primär ging es im Beitrag ja um Atomstrom; um die fossilen Energieträger eher am Rande. Auch ohne jetzt dem Märchen vom „CO2-freien“ Atomstrom aufzusitzen (Stichwort indirekte Belastung durch Bau und Rückbau von AKW, durch Uranerzgewinnung etc.), kann man aber ja schon durchaus sagen, dass CO2 bei Atomstrom eher eine untergeordnete Rolle spielt (je nachdem wen man fragt, ist der CO2-Ausstoß üblicher Kohlekraftwerte um den Faktor 10-20 höher).

    Bäume pflanzen ist so ein Thema. Generell sehe ich solche Kompensationsmodelle eher mit gemischten Gefühlen; ihnen haftet immer ein gewisser Aspekt des Sich-Freikaufens an, auch wenn natürlich das Pflanzen von Bäumen in puncto CO2 tatsächlich eine „echte“ Kompensation darstellt, die nicht nur auf dem Papier besteht. Wir haben im Lauf der letzten Jahre mit vielen Kunden gesprochen, insbesondere mit denen, die uns aktiv nach Ökostrom fragten, und dabei auch die Kompensations-Option ins Spiel gebracht. Für die weit überwiegende Mehrheit war das aber schlicht uninteressant; das Stichwort wäre hier wohl „Nee, auf diese Art kompensieren kann ich schließlich auch selbst“ – und das ist dann manchen auch durchaus lieber, weil er dann wiederum seinen Kunden gegenüber kommunizieren kann, dass er _selbst_ aktiv kompensiert; Marketingaspekte spielen da eben auch manchmal eine Rolle.

    Aber bleiben wir bei den gemischten Gefühlen: Kompensation ist letztlich gut dazu geeignet, im Grunde alles zu lassen, wie es ist. Den Anteil von Ökostrom im Energiemix kann man aber eben nun „in echt“ nur durch höheren Bezug desselben erreichen, Kompensation hin oder her. Und hier läuft es letztlich eben darauf hinaus, dass wir das nicht entscheiden können; nicht mal unser Uplink-Provider hat darauf unmittelbaren Einfluss, weil dieser letztlich auch nur einige Räume auf dem insgesamt doch eher riesigen Areal der RZ-Flächen hat – soviel zum Thema „Wenn man will, geht es schon“. Wir haben nun mal bei weitem nicht die Größe, dass es sich auch nur ansatzweise rechnen würde, ein eigenes Rechenzentrum aufzubauen und eigene Verhandlungen mit Energieversorgern zu führen – ganz davon abgesehen, dass wir in diesem Bereich auch schlicht keine speziellen Kompetenzen besitzen, immerhin sind wir in erster Linie Systemadministratoren und keine RZ-Betreiber.

  3. Zum Gesamtstromverbrauch des RZ kann ich leider erstmal nicht viel sagen; dafür sind wir ja über zwei Ebenen vom eigentlichen EVU getrennt. Ich frage aber gerne mal nach; wenn ich dazu eine Info bekomme, reiche ich sie gerne nach.

  4. @Jonas Pasche: „Den Anteil von Ökostrom im Energiemix kann man aber eben nun “in echt” nur durch höheren Bezug desselben erreichen“
    Nein. Durch das EEG-Gesetz sind die Stromnetzbetreiber verpflichtet, erzeugten Ökostrom ins Netz einzuspeisen, völlig unabhängig von der Nachfrage. Den Anteil von Ökostrom kann man nur durch den Bau von mehr entsprechenden Anlagen steigern, die Leistung konventioneller Kraftwerke verdrängen.

    @Christopher Hirschmann:
    „Wenn sie RZs in Frankfurt haben, wird der Strom aus der Dose zwar nicht z.B. aus dem Saarland vom Wasserkraftwerk kommen, aber das WKW in St. Wendel verkauft ihnen formal den Ökostrom und benennt dafür den Strom den sie in ihr lokales Netz abgeben in konventionell erzeugten um“
    Erster Teil richtig, zweiter Teil falsch. Der Strom wird nicht in konventionell umbenannt. Weil Ökostrom auf jeden Fall ins Netz aufgenommen werden muss, fährt man bei einem Überangebot konventionelle Kraftwerke herunter. Wenn es sein muss, werden sogar AKWs gedrosselt.

    „Das funktioniert vor allem deshalb so gut, weil das Stromnetz ja ohnehin nur einem gehört, nämlich dem privatisierten Ex-Staatsmonopolisten“
    Nun, es gibt die 4 großen Übertragungsnetzbetreiber RWE, Eon, Vattenfall und EnBW. Dazu kommen unzählige kleinere regionale Verteilnetzbetreiber.

    Das eigentliche Problem: die Netze wurden ursprünglich mit dem Hintergrund gebaut, dass es nur zentrale Großkraftwerke gibt. Mittlerweile gibt es Unmengen schwer planbarer Erzeuger (weht der Wind wie geplant? wie lange scheint die Sonne morgen wirklich?), die den Netzbetrieb immer schwieriger machen. Und neue Überlandleitungen sind teuer und schwer genehmigt zu bekommen. Wer will schon einen Hochspannungsmast in der Nachbarschaft?

    1. “ zweiter Teil falsch. Der Strom wird nicht in konventionell umbenannt.“ Oh doch, so funktioniert der Zertifikatshandel. Richtig ist, dass der Ökostrom immer eingespeist wird und bevorzugt wird, sogar wenn dafür die Einspeisung von Energie aus Kernkraft oder fossilen Brennstoffen gedrosselt werden muß.

      Was ich meinte ist eine andere Situation, nämlich die in der entweder a) im lokalen Netz eines Betreibers weniger Ökostrom verfügbar ist als nachgefragt er aber Ökostrom verkaufen möchte oder b) ein Großabnehmer wegen ungenügendem Angebot in seiner Region keinen Ökostrom beziehen kann, dies aber möchte. In solchen Fällen können eben Zertifikate erworben werden und das heißt dann konkret, dass etwa der Betreiber eines Wasserkraftwerks einem auf dem Papier ein Zertifikat z.b. für 5 MW Ökostrom verkauft, diesen Strom aber gar nicht über das Netz anliefert (geht oft auch wegen Entfernung und Mängeln im Leitungsnetz nicht) und dafür diese 5 MW bei sich in konventionellen Strom umbenennt (in sein lokales Netz eingespeist werden sie trotzdem), der Erwerber des Zertifikats kann dann 5MW von dem konventionellen Strom den er da hat in Ökostrom umbenennen.

      Mit der tatsächlichen Stromerzeugung hat das nichts zu tun und mit der Einspeisung von Ökostrom schon gar nichts. Das ist eine Art Nullsummenspiel, denn an der real erzeugten Menge Ökostrom ändert das ja nichts, es verändert nur wer ihn auf dem Papier erhält. Theoretisch könnte man das auch anders rum spielen und in einer Region wie bei mir in Berlin explizit Atomstrom beziehen, obwohl es hier weit und breit keinen Atomstrom gibt — nur will das halt keiner. Für meinen Geschmack ist das auch schon wieder zu viel Spin Doctoring, aber wenn es die Leute glücklich macht…

  5. Ich spreche aus der Sicht einer Privatperson, und da denke ich, dass es egal bzw. sowieso nicht zu belegen ist welchen Strom man wirklich bezieht, wichtig ist dabei wen man bezahlt. Da ich kein Großabnehmer bin kann ich das natürlich nicht beurteilen, aber als Privathaushalt habe ich mir schon vor 5 Jahren einen Anbieter gesucht der _nur_ Ökostrom anbietet.

    Ist das für einen Großverbraucher wirklich so, dass er an die lokalen Stromanbieter gebunden ist und nur den Energiemix bezahlen kann der vor Ort angeboten wird?

    Wie auch immer, danke Jonas für deinen ausführlichen Bericht, und wie du schon am Ende gesagt hast, hört nicht auf nach Ökostrom zu fragen …

    (Anmerkung: Der Bericht ist von [unserem] Chris [dumme Namensgleichheit aber auch], nicht von mir … aber der Dank ist trotzdem angekommen! Gruß, Jonas)

  6. So weit liegen wir ja gar nicht auseinander. Ich meinte doch, wenn man will, nimmt man halt die Dell-Hardware von Hosteurope und hat Ökostrom (ich weiss das ist utopisch und sicher habt ihr n gute Grunde warum ihr da seid wo ihr seid).

    Und man braucht keine Markenhardware um Strom zu sparen, aber IMO braucht man Markenhardware bei einem Server. Ich meine damit keinen Dell oder IBM, aber zumindest sowas wie ein Supermicro-Mainboard anstatt Asrock…

    1. HostEurope bietet – soweit ich weiß – schlicht kein Housing. 🙂 Und wir haben mittlerweile eben durch die Bank weg ganz andere Anforderungen, als Kiste für Kiste einzeln ins Rack zu stellen – Stichworte wären da Failover, Clustering, physisch separierte Storage- und Management-Netze … das sind Sachen, für die man bei Providern, die sich auf „einfaches“ Dedicated Hosting spezialisiert haben, entweder gar nicht machen kann oder aber mit Mondpreisen bezahlt. Wir haben früher durchaus „einfach nur“ Server in anderen Rechenzentren angemietet (unter anderem auch bei HostEurope), aber spätestens, wenn mal Hardware kaputt ist, trennt sich die Spreu vom Weizen – reale Beispiele dazu findest du unter anderem hier und hier. Also, kurz gesagt: Ja, wir haben gute Gründe – eine im Mittel wesentlich höhere Uptime, seit wir unsere Hardware selbst vor Ort managen. Und dafür interessieren sich die meisten Kunden letztlich deutlich mehr als für den Strommix – ist nun mal so.

      Und zu der Markenhardware: SuperMicro ist bei uns Default, siehe unseren Angebotskalkulator.

  7. „Ist das für einen Großverbraucher wirklich so, dass er an die lokalen Stromanbieter gebunden ist und nur den Energiemix bezahlen kann der vor Ort angeboten wird?“
    Kommt drauf an. Ein richtiger (TM) Großverbraucher, der ans Höchstspannungsnetz angeschlossen ist, kann den Strom von wem auch immer am Großhandelsmarkt kaufen.

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