Während die Finanzkrise ihr Hoch zu vermelden hatte und tagtäglich in den Zeitungen nichts anderes mehr zu lesen war, habe ich nichts, aber auch gar nichts davon gespürt. Keine schlechtere Zahlungsmoral, kein Auftragsrückgang. Irgendwie wirkt es, als würde diese Welle erst jetzt hereinschwappen.
Ende September, erster Kunde:
habe heute X.XXX,XX Euro überwiesen, die X.XXX,XX Euro kommen so schnell wie möglich
Mitte Oktober, zweiter Kunde:
Naja….: der Stand der Dinge: ich habe zwei ganz gute Eisen im Feuer, die wieder für Stabilität sorgen werden. Es sollte gegen Mitte November sein, so dass ich dir das Geld in Raten ab November wiede rzahlen könnte.
Ende Oktober, dritter Kunde:
Aber ich habe mehrere ausstehende Rechnungen – das sollte in zwei Wochen eingehen – und gleichzeitig mein Hauptprojekt $FIRMA hat seit Mai nicht mehr bezahlt. Ich schätze nächste Woche kann ich überweisen, da sollte wenigstens einer der Kandidaten gezahlt haben ….
Ende Oktober, nochmal erster Kunde:
die Rechnung über XXX,XX Euro werde ich diese Woche noch zahlen. Die 2. Anfang nächsten Monats, wenn die Kunden endlich gezahlt haben, das ist im Moment etwas schwierig.
Anfang November, vierter Kunde:
muss mich erst mal bei dir ganz arg entschuldigen. Hatte dir ja zugesagt, dass ich die Hosting-Rechnung zeitnah bezahle, kurz zuvor hatte ich ja meinen Quartalslauf. Warum auch immer, so einen miesen Zahlungseingangs-Verlauf habe ich ehrlich gesagt noch nicht erlebt, bin es normalerweise eigentlich gewohnt, dass rund 75% der Rechnungen innerhalb von drei Wochen bezahlt werden. Diesmal lassen sich die Leute mehr als genug Zeit.
Es wäre vielleicht nicht so schlimm, wenn’s nicht in fast jedem einzelnen Fall um vierstellige Summen gehen würde. Und wenn nicht noch die Kunden dazukämen, die einfach stillschweigend erst dann zahlen, wenn ich sie frage, ob sie’s vielleicht vergessen haben (da ist mir sehr viel lieber, eine kurze erklärende Mail wie oben zu erhalten – immerhin besteht ja eine geschäftliche Partnerschaft, da kann man sowas ja auch offen sagen). Und selbst bei den Kunden, die im Zeitrahmen zahlen, ist inzwischen deutlich festzustellen, dass auch viele von denen, die früher mehr oder weniger direkt am Tag des Rechnungserhalts überwiesen haben, jetzt eher gegen Ende der Zahlungsfrist zahlen.
Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Zu sehen, wie ich selbst trotz – laut Rechnungslauf – guten, sogar ansteigenden Umsätzen schlicht aufgrund sehr später Geldflüsse auf Rücklagen zurückgreifen muss und erstmals sowas wie eine Liquiditätsplanung machen muss, oder zu wissen, dass gleich eine ganze Reihe von Kunden im Moment dieses „Es ist ziemlich eng grad“-Gefühl mit mir teilen. Schön ist das nicht.