Bahnfahrer-Kodex

Tina erklärt auf dasBahnblog.de unterhaltsam den Bahnfahrer-Kodex:

[…] Auch wird dieser ICE weniger von „Ich-fahre-einmal-im-Jahr-Zug-weiß-aber-alles-über-die-Bahn“ Reisenden frequentiert, sondern vielmehr von den Berufspendlern, die sich an den Bahnfahrer-Kodex halten. Es bleiben einem die ewigen Schimpftiraden auf die Bahn erspart und auch das nervige „Das darf doch nicht wahr sein“, wenn der Zugbegleiter die obligatorische 5-Minuten-Verspätung bei der Abfahrt aus dem Hauptbahnhof ankündigt, hört man sehr selten.

Der Bahnfahrer-Kodex beinhaltet auch die Rücksichtnahme auf müde Pendler, die einfach nur in Ruhe mit ihren Ohrstöpseln dösen oder ein Buch lesen wollen. Zum Telefonieren verlässt man das Abteil und die Krankengeschichte von Tante Else wird den Mitfahrern nicht in allen Einzelheiten erläutert. Man sitzt im Abteil versetzt, so dass jeder seine Beine ausstrecken kann: wenn sich dort schon zwei Reisende befinden (der eine am Fenster, der andere am Gang), so akzeptiert man sein Schicksal und wählt den unbeliebten Mittelplatz. […]

Als passionierter Dauerbahnfahrer bin ich damit gut vertraut. Um so ärgerlicher ist es, wenn gerade in den frühen Morgenstunden der Zug von Leuten bevölkert wird, die noch nie vom Kodex gehört haben. Ich gebe offen zu: Mit wochenendheimfahrenden Soldaten, die den Zug quer durch alle Gänge stehend und sitzend bevölkern, habe ich überhaupt kein Problem. Mein Problem sind … die Betriebsausflüge. Im Regelfall sind es nur Frauen. Ich weiß nicht, ob die Männer gleich daheim bleiben oder verglichen zu ihren Mitfahrerinnen einfach in der Menge der Reisenden unerkannt untergehen. Meine Fahrt heute führte mich zu einem Kunden nach Dortmund. Abfahrt in Mainz: 6:18 Uhr. Jeder kann sich denken, dass eine Runde Dösen im Zug angesagt ist. Das ging auch gut – bis Köln. 8 Uhr morgen, ein paar Minuten später. Das Frauengrüppchen machte sich noch vor dem Öffnen der Zwischentür zum Wagen lauthals bemerkbar. Ganz klar: Da war schon vor dem Start Alkohol im Spiel. Ich erinnere daran: 8 Uhr morgens. Binnen Sekunden ist der gesamte Wagen von lebhaftem Geschnatter erfüllt. Kaum sind die Plätze eingenommen, werden die Plastikbecher verteilt und der Sekt geöffnet; sicher nicht die erste Flasche. Am schlimmsten aber ist … das Lachen. Das hysterische Lachen, zwei Oktaven höher als nötig, das sich durchdringend und schmerzhaft den Weg in mein Innenohr bahnt. Und natürlich das Gemecker. Über Alex, den armen Tropf, der die Reise organisiert hat (und schlau wie er ist, nicht in Sicht- oder Hörweite der Damen ist. Bestimmt ist er „krank“ geworden). Ein Tisch, ein Tisch, ich will aber an einen Tisch! Dann können wir Karten spielen! Wieso hat Alex keinen Tisch reserviert? Wieso müssen wir hier sitzen? Oh nein, der Zug fährt ja verkehrtherum! Da wird mir ja ganz schlecht! Da müssen wir uns aber gleich bei Alex beschweren, da hätte er ja mal die Plätze richtigherum buchen können! … und so weiter, und so weiter.

Nach zehn Minuten habe ich es nicht mehr ertragen. Gut, dass das Bordrestaurant nur zwei Wagen weiter war.

Eine Antwort auf „Bahnfahrer-Kodex“

  1. Danke für den Tipp! Bin vor kurzem aufs Land gezogen und daher zum Autobesitzer geworden, war davor aber jeden Tag 3 Stunden pro Strecke mit den Öffis unterwegs. Den Kontakt mit so vielen speziellen Mitmenschen vermisse ich fast.

    Meine persönlichen Erkenntnisse – „erstmal alle aussteigen lassen“ gilt nicht. Es ist vielmehr wichtig, einen stabilen Fluss zu schaffen, durch den Menschen gleichmässig aus- und einströmen können. Man muss auch nicht immer den nächsten Zug nehmen der kommt, gerade in Ballungsgebieten kommt oft fünf Minuten nach dem Schweineexpress ein wundervoll klimatisierter Zug voller Beinfreiheit. Unterschätzt werden sollen auch nicht die Sitzplätze „dritter Klasse“. Je nach Bauart des Waggons sind auch Treppen (z.B. vor der ersten Klasse) und andere Ecken Möglichkeiten zu sitzen, ohne den stabilen Fluss (siehe oben) übermässig zu behindern.

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